Dienstag, 9. September 2008
2006, im August ...
aelis
23:46h
So fing das an, damals, als ich zurückkam in's Heimatdorf und dachte, es ist nur für drei Wochen. Original-Texte von damals, z.T. gekürzt und kommentiert. ***----------------------------------------------*** Dienstag, 01.08.06 Sie kruschert nahezu ununterbrochen. Gestern abend wollte sie mir etwas zeigen, wusste aber weder was, noch wo es sich befindet. Nachdem die Suche, begleitet von vielen „ích bin so blöd!“ und „das gibt’s doch nicht!“ abgebrochen wurde, fand sie es dann zufällig: Ein altes Besteckset, im Originalschuber, vermutlich nie benutzt. Es hat sie „immer gereut“, zu schade zum Benutzen. Zusammen haben wir das Besteck betrachtet und bewundert und dann strahlte sie schlagartig: „Siehst Du, manchmal hab ich doch noch was, worüber ich mich freuen kann! °°°Wie froh bin ich, damals so viel geschrieben zu haben. Wie schlimm nun das Erkennen, wie stark sie die Fähigkeit des Sprechens verlernt hat. Eine der größten Schwierigkeiten°°° ----- Der Arzt war da. Ich bin entsetzt und sauer. Was für ein Arschloch. Es ist der Oma durchaus zuzutrauen, dass sie übertreibt bei Schilderungen, es wäre möglich gewesen, dass der „Arzt“ so schlimm gar nicht ist. Aber er ist noch schlimmer. Ich will versuchen, sie bei meiner Doktorin anzumelden. Ein Ruf durchs Treppenhaus. Andrea, komm doch mal, die Ding will dich sehen! °°°Damals also wusste sie meinen Namen noch.°°° Die Ding ist die G. und Nachbarin. Aus dem Schlafzimmerfenster der Oma raus unterhalte ich mich mit ihr. Kommst mal rüber, ich hab was gebacken, das könnt ihr versuchen, und da sind die Tomaten. Die Tomaten hat ihr Gatte heute morgen schon für mich geerntet, er wird bald 80 und steht auf mich. Ich bringe Tomaten und Gebäck zur Oma, und es bereitet mir diebische Freude, eins der fettigen, zuckrigen Dinger gleich zusammen mit ihr zu verspeisen. Kein Kuchen, hat der Arzt nämlich gesagt, kein Kuchen. Und keine Limo. Und kein Orangensaft. Was ist denn mit Lebensfreude?, hab ich ihn gefragt. Das hat nichts mit Lebensfreude zu tun, hat er abgetan, das ist nur Gewohnheit. Man sollte wissen, dass der BZ der Oma konstant in Ordnung ist. RR war heute 125/80. Ist das gut?, wollte sie wissen. Es geht so, hat er geantwortet. ----- Später dann wieder Rad gefahren, ich werde noch direkt fit hier. Mit ihr zusammen dann den Kleiderschrank inspiziert. Sie hätte so gern neue schöne Sachen, alles ist ihr zu groß geworden. Ich habe den Eindruck, es wird immer besser mit ihr, was das Reden betrifft. Wahrscheinlich das Training. Wer spricht sonst mit ihr. Nach dem Abendessen (Käsebrot mit Tomaten) sitzen wir wieder zusammen, das pendelt sich ein, und trinken Tee. Unterhalten uns. Über Ärzte, über Früher, über die Toten. Wieviel Unverarbeitetes. Mit einemal frägt sie mich: „Maadla, soll ich Dir Dein Haar machen?“ Genau so, nicht ‚deine Hoor’. Und ich setze mich mit meinem Stuhl vor den ihren, doch die Haare sind zu lang, nein, es kommt nicht in Frage, dass ich aufstehe, sie steht auf und versucht, mit die Haare zu bürsten und zu flechten. Rührende, zärtliche Minuten. Oft habe ich als Kind zugesehen, wie sie ihrer alten Mutter die grauen, dünnen Haare gebürstet und zum Zopf geflochten hat. Geschickte, kräftige Hände. Kräftig sind sie noch, doch das Flechten klappt nicht. Nicht mal das Bürsten, aber das liegt an den Haaren. Wie können so brav aussehende Haare nur so störrisch sein! Viel Lachen. Ach Maadla, ist das schön, wenn man lachen kann!
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last updated: 29.10.12, 08:53 Links:
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... 3748 Tage. Alles versteckt,
nichts mehr zu sehen. Wäre es doch auch im richtigen...
by irgendwer (29.10.12, 08:53)
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